Kanumärchen

Das Märchen vom „Kanu Immertreu“  

 

Band 1

Kapitel 1

Der Auszug

 

Vor nicht allzu langer Zeit wohnte der Prinz Neopren mit seiner ehemals geliebten „Prinzessin Schwimmnichtgut“ in der Nähe des Flussdeltas.

Der Prinz trug einen Anzug aus feinstem Neopren der mit Preziosen und Manschettenknöpfen ausgestattet war. Nur die allerbesten Schneider des Landes durften solche Stücke fertigen. Und die „Prinzessin Schwimmnichtgut“ trug den Rest des begehbaren Kleiderschrankes.

Alsbald trug es sich zu, daß der Prinz Neopren immer eigenwilliger wurde. Er hatte ausgefallene Wünsche, wollte neue Figuren kennenlernen, wollte mehr Freiheiten haben, wollte mal mit den Prinzen aus der Nachbarschaft auf ein Bier gehen, und misstraute seiner Prinzessin zunehmend.

Eines Tages kam er von einem der allerbesten Schneider des Landes früher nach Hause, weil dieser mit dem neuesten Entwurf immer noch nicht fertig war. Da nahm er in der Nähe des begehbaren Kleiderschrankes einen fremden Duft wahr. Ein Männerparfum! Ein Männerparfum, das ihn an einen der anderen Prinzen aus der Nachbarschaft erinnerte.

Ein kalter Schauder lief im über den Rücken. Und dann gleich ein warmer. „Das kann doch nicht sein! Es kann doch nicht sein, daß …… ! “ Und nun spürte er förmlich, wie sein Herz zerbrach!

Hals über Kopf nahm er seine wertvollsten Schätze, sein „Kanu Immertreu“, und das „Furchtlose Paddel“, und verließ für immer sein Schloss und seine Prinzessin Schwimmnichtgut.

Einsam und enttäuscht war er auf dem Weg zum Fluss, um neue Reviere zu entdecken. Als der Schock über das Erlebte nachzulassen begann, wurde dem Prinz bewusst, dass ja sein Herz eigentlich gebrochen war. Der entsprechende Schmerz stellte sich auch immer heftiger ein. So änderte er seinen Plan, ließ das Kanu Immertreu und das furchtlose Paddel in der Botanik zurück, und ging auf schnellstem Wege, also einige Stunden, weil er sich vergangen hatte, zu dem nächstgelegenen Spital. In der Notaufnahme angekommen, musste er abermals einige Stunden warten, weil er seine Zusatzversicherungskarte nicht dabei hatte. Und außerdem waren vor ihm schon einige andere Prinzen und Prinzessinen mit gebrochenem Herzen, die nicht einmal eine Zusatzversicherung hatten.

Als nun die verheißungsvollen Worte: „Prinz Nervopreh in Zimmer drudfnzig“ über das Hausmikrofon erklangen, erhob sich ein Kopf und eine Faust vom Nebenplatz. He! Du bist dran ….. !

Der völlig übermüdete Primar Packsack stellte sofort die Diagnose „Gebrochenes Herz“ und sprach etwas in sein Diktafon. …. Der Nächste Prinz stolperte ins Zimmer.

Entmutigt holte sich der Prinz den Befund vom Schalter mit der verheißungsvollen Mikrofonstimme. Um der Entmutigung und der Ratlosigkeit etwas entgegen zu setzen, fragte er die Mikrofonstimme, was denn unter Hyperallergene-Funktionsdetonie zu verstehen sei, und was die verschriebene Behandlung dafür bedeutet: Vor-Embrionale-Neurohexodomie-Behandlung heißt,:                        Ändere deine Lebenseinstellung!! ……… Ach!!

Das war „die Stunde“ der verheißungsvollen Mikrofonstimme.

 

Kapitel 2

Die Liebe

 

So mancher ratlose Prinz hatte sich bereits Rat bei der verheißungsvollen Mikrofonstimme geholt. Das gab auch Ihr die Möglichkeit, ihr Herzeleid kund zu tun. Das Herzeleid über die miesen Arbeitsbedingungen, über die bösen Kollegen, über den permanenten Geldmangel, und über den Ärger mit ihrem Vorgesetzten, dem Primar Packsack. Dieser hatte sie von der hochangesehenen OP-Schwester, zur verheißungsvollen Mikrofonstimme degradiert. Und nur deshalb, weil sie kein Blut sehen konnte.

Und so ergab es sich, daß sich unser Prinz Neopren und die verheißungsvolle Stimme abends in einem Café wiederfanden. Und dann am Nachhauseweg. Und dann in ihrer Wohnung. Und dann in ihrem Schlafzimmer. Und dort lernte unser Prinz all das, was er für die Behandlung seines gebrochenen Herzens wissen musste.

Mein Name ist „Schwester Schwimmwesta“ sagte die verheißungsvolle Stimme am nächsten Morgen. Und beide beschlossen von nun an, ein Stück ihres Weges gemeinsam zu gehen. Schwester Schwimmwesta konnte ihre Arbeit kündigen, keiner hielt sie davon ab. Am allerwenigsten Primar Packsack. Und Prinz Neopren war damit geholfen, weil er nun jemand erfahrenen in Sachen Lebensbewältigung an seiner Seite wusste.

Sie verließen ihre Stadt, und wollten nun eine Reise tun. Eine Reise mit unbekanntem Ziel. Eine Reise, möglichst weit. Vielleicht sogar bis ans Meer. Sie hatten zwar unterschiedliche Vorstellungen von der Art zu Reisen, Schwester Schwimmwesta wollte mit dem Schwesterschiff den großen Strom hinunterfahren, Prinz Neopren wollte viel lieber mit seinem Kanu Immertreu über die kleinen Bäche und Nebenarme fahren. Sie zankten sich sogar deswegen. Doch Prinz Neopren hatte schlussendlich die besseren Argumente. Immerhin war sein Kanu Immertreu schon in unmittelbarer Nähe. Bald darauf kamen sie an die Stelle an der er sein Kanu und das furchtlose Paddel in der Botanik zurückgelassen hatte. Das Erstaunen war groß, als sie unter dem Boot einen schlafenden „verirrten Botanikführer“ fanden. Sie weckten Ihn, und er gab sich als „verirrter Botanikführer“ zu erkennen, der eigentlich eine Reise, vielleicht sogar bis ans Meer, unternehmen wollte. So schloss sich dieser den beiden Reisenden an. Es konnte nur von Vorteil sein, einen verirrten Botanikführer mit an Bord zu haben. Man weiß ja nie was daher kommen wird.

 

 

Kapitel 3

Die Reise

 

Nun ging´s los. Einmal schnell, einmal langsam, dann wieder turbulent, so wie die Strömung es wollte. Und manchmal bekam sogar das furchtlose Paddel Angst. Einige Tage vergingen, da stießen die drei Reisenden auf die erste Baumgrenze. Mühsam wurde das Boot und die Ausrüstung umtragen. Doch dabei blieb es nicht. Die Baumgrenzen wurden immer häufiger, und an ein schnelles Vorankommen, vielleicht sogar bis ans Meer, war nicht mehr zu denken. Der verirrte Botanikführer hatte sich mittlerweile zum Vortränzer entwickelt, und trug zu einer guten Stimmung nur wenig bei. Die Übertragungsrate an den Portagen wurde immer geringer. Obwohl Schwester Schwimmwesta die Strapazen ohne klagen auf sich nahm, konnte sie sich nach der siebenundzwanzigsten Baumgrenze nicht einen kleinen Seitenhieb auf Ihren Prinzen verkneifen. “Ich habe mir das Schwesterschiff auf dem großen Strom gewünscht! Und Du? Du hast dir gewünscht hier durch den Urwald zu fahren!“ Ja, sagte der Prinz. Ja, da habe ich mich wohl verwünscht.

Wind kam auf. Gesichtswind! Es wurde beschlossen, hier im Wald das Nachtlager zu errichten. An diesem Abend kam die Dämmerung früher als erwartet. Der Wald wurde schnell zum Schwarzwald. Am Himmel kein einziger Sehstern. Der verirrte Botanikführer errichtete diesmal die Feuerstelle selbst, und aus freien Stücken. Trinken, rauchen, essen, Speisereste. Diesen Abend wurde ausgelassen gefeiert und es wurde schwachgesimpelt. Zu später Stunde gesellte sich auch noch eine Ratte als Mitesser zu diesem „Ring der Nebel-Lungen“. Somit waren auch die Speisereste Geschichte.

Die Ratte stellte sich am nächsten Morgen, also am späteren Morgen, also zu Mittag, als kleinwüchsiger Biber heraus. Er stellte sich vor, mit Namen „Rabi“, und bot sogleich seine Dienste als Baumfräse und Wurzelstockentferner an. Schön langsam wurde es eng im Boot. Der Biber namens Rabi wurde kurzerhand mit einem Spanngurt am Bug des Bootes befestigt, denn dort konnte er seinen Dienst am besten versehen. Je länger die Reise dauerte, umso wichtiger wurden die Dienste des Rabi. Die Baumgrenzen mussten nicht mehr mühsam umtragen werden, sondern waren nach kurzer Wartezeit leicht zu befahren. Nur, die Wartezeit wurde von Mal zu Mal länger. Der Rabi wünschte sich endlich einen Wurzelstock statt der vielen Baumgrenzen. Er war noch immer am Bug festgeschnallt, und der verirrte Botanikführer war sich sicher, daß es nicht mehr weit sei. Vielleicht sogar bis ans Meer.

Während sich der Rabi wünschte niemals von den Speiseresten gegessen zu haben, hörte Schwester Schwimmwesta das leise Rauschen zuerst. Und dann hörte es der verirrte Botanikführer. Das furchtlose Paddel hatte sich unterdessen schon im Bootsrumpf versteckt. Und jetzt hörte der Prinz die drohende Gefahr. Das Rauschen war jetzt schon viel lauter. Der verirrte Botanikführer mutmaßte schon das Meer hinter der der nächsten Biegung, und fing endlich an, auch mit zu paddeln. Prinz Neopren ergriff nun das Kommando, und paddelte energisch rückwärts. Nachdem Schwester Schwimmwesta dem verirrten Botanikführer, der immer noch vorwärts paddelte, eine über die Rübe gab, ergriff der Prinz abermals das Kommando.

Der Rabi bereute mittlerweile alle seine Sünden, und das Rauschen war einem dunklen Donnern gewichen.

Was das Zeug hielt, paddelten Prinz und Schwester nun rückwärts. Solange, bis beide die Kraft verließ!

 

Vogelgezwitscher! Blauer Himmel! Der Falke „Grüner Star“ wähnte schon Beute! Doch er konnte ja nicht landen, da er am Tag den Landeplatz ja nicht sah. Nachts wäre das was anderes gewesen, da wäre es sowieso finster.

 

Kapitel 4

Die Rettung

 

Der verirrte Botanikführer wachte als Erster auf. Er schlief ja auch schon am Längsten. Schwester Schwimmwesta und Prinz Neopren lagen immer noch in ihrem Boot. Das furchtlose Paddel hatte das Kanu schon längst verlassen, um dem verirrten Botanikführer von seinen Heldentaten zu berichten.

Steigt endlich aus ……! Steigt endlich aus ……! Der Prinz ordnete diese feine Stimme einer Meerjungfrau zu, und wurde viel früher wach als Schwester Schwimmwesta.

Nachdem nun beide das Kanu Immertreu verlassen hatten, und das Boot im Trockendock lag, sehnte sich der Biber Rabi wieder nach einem Wurzelstock. Ganz weit entfernt.

 

Was war geschehen?

Alle drei Insassen des Kanus wurden auf wundersame Weise gerettet.

Mit leisem Säuseln verschwand die Paddelnixe wieder in den Fluten.

Der verirrte Botanikführer verließ hier die Gruppe, um wieder auf eigene Faust den Weg zu suchen. Vielleicht sogar bis ans Meer.

Der Falke „grüner Star“ verfehlte beim Sturzangriff auf den Rabi diesen nur knapp, und durchstieß stattdessen den Spanngurt, mit dem der Rabi festgeschnallt war.

Unser Prinz Neopren nutzte die Gunst der Stunde, und den Zauber der märchenhaften Waldlichtung, verlobte sich mit Schwester Schwimmwesta, und machte sie somit zur Kanutenbraut.

Schwester Schwimmwesta erinnerte sich zurück an die Zeit, als sie noch die verheißungsvolle Mikrofonstimme war.

 

 

 

 

Der Schwarzerlenkönig

 

Band 2

Kapitel 1

Die Ankunft

 

Viele Monate dauerte Ihre Reise nun schon. Und neun Monde nach dem Kurzbesuch des „Schwarzerlenkönig“ bei Schwester Schwimmwesta, kam etwas Frisches zur Welt. Sie nahmen sich nun ein Stück Land und wurden sesshaft. Prinz Neopren durfte den Namen für das Frische auswählen. Maks! Maks Frisch, sollte der Nachwuchs von nun an heißen.

Nun galt es ein standesgemäßes Heim zu errichten. Da aber ihre finanziellen Reserven aufgebraucht waren, und das Baumaterial einiges kostete, nahmen sie ein Darlehen beim Schotterbaron „Albert Mehrstein“, von dem sie übrigens auch das Stück Land gekauft hatten. Das Frische wuchs heran. Maks. Maks Frisch. Ihr Heim war von einfacher Bauart und für einfache Ansprüche ausgelegt. Nach einigen Lenzen, begann Maks die Umgebung zu erkunden. Seine Kreise zogen sich immer weiter. Die Wälder der Umgebung, die Bäche und Flüsse, die Höhlen und Hänge, die Wiesen und Felder wurden Maks vertraut. Und auch die Schottergrube, mit der Albert Mehrstein sein Geld verdiente, entdeckte Maks eines Tages.

Ein herrlicher Spielplatz für Kinder! Für Kinder?

Auch Albert Mehrstein hatte damals für Nachwuchs gesorgt. „Isabella aus dem Keller“ hieß seine Tochter. Maks und Isabella waren im gleichen Jahr geboren. Wenngleich auch in unterschiedlichen Verhältnissen. Maks turnte an den Abhängen der Schottergrube, als hätte er niemals was Anderes getan. Seine Mutter Schwester Schwimmwesta ahnte zwar von seinen Abenteuern, wusste aber von nichts. Isabella war bisher wohlbehütet aufgewachsen, verspürte aber einen unbändigen Drang in die Freiheit. Und so lief sie eines Tages von Zuhause weg, und versteckte sich in einem Winkel der Schottergrube. Und da begab es sich, daß Maks und Isabella Freunde wurden. Oder eine Freundin natürlich, in Isabellas Fall. Der Schotterbaron durfte natürlich nichts von Isabellas Umgang mit Maks wissen.

Prinz Neopren begann in dieser Zeit damit, seinem Sohn von allen möglichen Gefahren des Daseins zu berichten. Den Schottergruben, den Bananenschalen, und von der Weiblichkeit.

Herangewachsen, turnend in der Schottergrube, löste sich diesmal ein Vorsprung unvorhergesehen. Es war ja wieder Frühling geworden, und der Frost hatte einige Vorsprünge abgesprengt. Maks verlor den Halt. Und da auch Kuckuckskinder nicht von automatisch fliegen können, stürzte Maks bis auf den Grund der Grube ab. Ungebremst. Stunden vergingen. Schwester Schwimmwesta machte sich unterdessen Sorgen über das, was sie nicht wusste.

„Isabella aus dem Keller“, zu einer jungen Frau herangereift, machte indes einen Rundgang durch ihr zukünftiges Anwesen. Regungslos fand sie den vormals gutaussehenden Jüngling nahe eines Abbruches am Boden liegen. Isabella erkannte unter der verschmierten Haut, und den herausragenden Knochen „Ihren Maks“. Dieser konnte nur noch leise röcheln und war nur noch halb bei Bewusstsein. Gottseidank war es seine linke Hälfte, denn dort saß sein Herz.

 

Kapitel 2

Die Heilung

 

Isabella aus dem Keller reagierte sofort, und begann mit der Beatmung auf der unzerstörten Seite des Gesichts. Maks war nun wieder ansprechbar. Iiisaaahbeela, stöhnte er. Meiihne Jugendliebe. Ruhig sagte Isabella. Ruhig!! Du wirst jetzt viel Kraft brauchen. Sie steckte Ihm den Griff ihres Taschenmessers zwischen die Kiefer, und begann mit dem Wiedereinrichten der verletzten Knochen. Aaauuuhhh!!!

Erst jetzt war Maks bereit für den Transport ins Krankenhaus. Zu diesem Zweck nahm sie zuerst den Bagger mit der großen Schaufel. Denn darin hatte Maks locker Platz. Es wäre sich auch noch ein zweiter Patient ausgegangen. Beim väterlichen Anwesen angekommen, lieh sich Isabella heimlich das Drittauto ihres Vaters aus.

Schwester Schwimmwesta erinnerte sich unterdessen an ihre eigene Jugend, und was sie nicht alles angestellt hatte. Da war eine durchzechte Nacht nicht das allerschlimmste gewesen. Maks wird schon selber wissen, was er tut. Alt genug ist er ja.

Nach längerer Zeit im Krankenhaus angekommen, immerhin hatte Isabella bereits zwei Fahrstunden in der Fahrschule absolviert, und die Landstraße ist beileibe keine Schottergrube, empfing sie ein älterer Herr in der Notaufnahme.

Packsack mein Name! Ehemals Primar! Was kann ich für Sie tun? Zusatzversicherungskarte?

Wir brauchen ein Zimmer mit Heilungschancen! Es wurde ein Großraumzimmer, wegen der Zusatzversicherungskarte, die nicht dabei war.

Unterdessen lief schon die Fahndung nach dem Drittauto. Isabella schaffte es unverletzt zurück nach Hause. Am Anwesen war Besuch eingetroffen. „Tante Erika, aus Amerika“. Albert Mehrstein war außer sich vor Zorn. Er drohte Isabella sogar wieder mit dem Keller. Alleine Tante Erika konnte die Wogen glätten, und Schlimmeres verhindern. Die Fahndung nach dem Drittauto wurde gegen einen dreistelligen Betrag an die Polizei wieder eingestellt.

Nun war Isabella gezwungen, ihrem geliebten Vater die ganze Geschichte zu erzählen, um die Benutzung des Drittautos zu rechtfertigen. Als Albert Mehrstein nun von Maks erfuhr, griff er diesem mit einer Besitzstörungsklage unter die Arme.

Prinz Neopren und sein Kanu Immertreu, kamen nun von der Spätschicht nach Hause. Die Beiden hatten eine Anstellung beim Schotterbaron bekommen, als Fossiliensammler und Schatztaucher in einer der mit Wasser gefüllten Schottergruben. Jetzt kam doch Unruhe und Sorge auf, über den Verbleib von Maks. Schwester und Prinz begannen die umliegenden Kneipen und das Krankenhaus abzuklappern.

Der völlig übermüdete Herr Packsack erkannte Schwester Schwimmwesta sofort. Er bekleidete ja nun ihre ehemalige Stelle als „Verheißungsvolle Mikrofonstimme“. Und nur deswegen, weil ihm ein Kunstfehler unterlaufen war. Bis auf den Bruch, hat ein Blinddarmdurchbruch mit einem gebrochenen Herz nur sehr wenig zu tun. Der betroffene Prinz suchte nie wieder bei Jemandem Rat. Die anderen Prinzen mit gebrochenem Herzen, holten sich ihren Rat jetzt anderswo. Der Prinz Neopren und Schwester Schwimmwesta befreiten nun ihren Maks aus dem Großraumzimmer, und pflegten ihn zu Hause gesund.

 

Kapitel 3

Die Flucht

 

Prinz Neopren war nun bei seinem Arbeitgeber wegen Maks in Ungnade gefallen, da er ja sein Vater war. Schließlich ist der Sohn eines Fossiliensammlers und Schatztauchers nicht der geeignete Umgang für die Unternehmertochter Isabella. Und noch dazu ein Fossiliensammler und Schatzsucher in einer Schottergrube. Und noch dazu ein schlecht bezahlter. Genaugenommen arbeitete unser Prinz nur für die Tilgung der Kreditraten. Schwester Schwimmwesta musste alleine für Speis und Trank aufkommen.

Das bemerkte Maks, und wollte dem gleichen Schicksal wie dem seines Vaters tunlichst entgehen. Natürlich lernte er den Umgang mit dem Kanu Immertreu und dem Furchtlosen Paddel von Kindesbeinen an. Und dadurch war ihm eigentlich der gleiche Beruf wie der seines Vaters in die Wiege gelegt. Der Schotterbaron hatte ihn schon wissen lassen, daß der Prinz Neopren allmählich in die Jahre gekommen sei, und dadurch „überqualifiziert“ ist. Und Tatsächlich zeigten sich bei unserem Prinz erste Verfallserscheinungen. Sein Anzug war löchrig geworden, beim Stoffwechsel schmerzten seine Glieder, er bekam ein graues Haar, und das Wissen darüber ließ ihn immer mehr Blaupausen einlegen.

Achtzehn Lenze zählte Maks nun. Und für das Geburtstagsgeschenk hatten sich seine Eltern ein gebrauchtes Kanu, und ein fürchterliches Paddel von seinem Mund abgespart. Glücklich über das Geschenk gab Maks seinem Boot den Namen „Gebrauchtes Kanu“.

Einige Wochen waren vergangen, als der Prinz bei seinem Arbeitgeber um einen Kanurollator ansuchte. Nun wurde es endgültig eng für ihn. Und auch für die Rückzahlung der Kreditraten.

Maks erkannte jetzt seine Chance dem gleichen Schicksal wie dem seiner Eltern zu entrinnen. Er hatte nun ein eigenes Boot, und ein fürchterliches Paddel, und dachte an Flucht. Vielleicht sogar bis ans Meer. Alleine die Beifahrerin fehlte ihm noch. Außerdem vertrugen sich das furchtlose- und das fürchterliche Paddel sowieso nicht. Von Anfang an. Das machte seine Entscheidung zu fliehen nur leichter. Er riskierte abermals eine Besitzstörungsklage, und arbeitete sich unbemerkt bis zum Keller des Anwesens vor. Und da es jetzt schon Herbst war, lösten sich auch keine Abbrüche mehr. “Isabella aus dem Keller“; rief er verhalten. Doch Isabella hatte mittlerweile ein Zimmer im Obergeschoß bezogen. Damit hatte Maks nicht gerechnet. Bevor Maks seine Absicht kundtun konnte, flehte ihn Isabella um den freien Platz als Beifahrerin im gebrauchten Kanu an. Mit dem Risiko das gleiche Schicksal wie Maks zu erleiden, sprang sie waagemutig aus ihrem Fenster. Maks konnte sie nicht auffangen. Ihre beiden Gesichtshälften blieben trotzdem unverletzt. Maks musste die Beatmung auf später verschieben.

Am nächsten Morgen stand das Kanu Immertreu wieder alleine im Trockendock. Und das Furchtlose Paddel erzählte, was vorgefallen war. Insgeheim freute es sich über den Auszug des fürchterlichen Paddels. Die Eltern hingegen freuten sich nur sehr verhalten über das Glück ihres Sohnes. Wer soll denn schließlich die Kreditraten an den Schotterbaron zurückzahlen.

Der Schotterbaron hatte für diesen Fall schon lange eine Lösung parat. Eine Woche später zogen Fremde Leute in das Haus von Schwester Schwimmwesta und Prinz Neopren ein. Zufällig war der Fremde Mann ausgebildeter Fossiliensammler und Schatztaucher mit dem Spezialgebiet Schottergruben. Und die fremde Frau musste für Speis und Trank aufkommen.

 

 

Kapitel 4

Das Versteck

 

Die Fahndung nach Isabella aus dem Keller lief nun auf Hochtouren. Die Polizei hatte ja nun schon Übung im Fahnden, und war sich der finanziellen Zuwendung sicher.

Tante Erika aus Amerika bezog in der Zwischenzeit das Leerstehende Zimmer von Isabella. Sie las den Rennbahnexpress und die Tagebücher von Isabella, und der Schotterbaron wusste immer wo er Tante Erika finden konnte. Beide fanden Gefallen an dieser Situation, und gegen die Bezahlung eines dreistelligen Betrages, wurde nun die Polizeifahndung eingestellt.

Prinz und Schwester waren nun gezwungen, ihre ehemals angetretene Reise, wieder aufzunehmen. Aus war der Traum vom Lebensabend in behüteter Zweisamkeit. Er wich dem Traum zu Reisen. Vielleicht sogar bis ans Meer. Das Furchtlose Paddel wähnte schon ein Wiedersehen mit dem ungeliebten Konkurrenten. Das Kanu Immertreu war guter Dinge, weil es die jahrelange Arbeit in den Schottergruben schon satt hatte. Und weil das Kanu nicht der gleichen schnellen Alterung wie der Prinz unterlag, ergaben sich für dieses wieder ganz neue Perspektiven.

Tante Erika hatte mittlerweile den Rückflug nach Amerika storniert.

Isabella hatte sich schnell angepasst an die Gepflogenheiten der Kanureisenden. An das Versumpfen, an den Plan-E, an Schlauchweh und an Eis-Am-Stiel. Es war nun die Zeit gekommen an ein Winterversteck zu denken. Sie fanden eine geeignete Höhle um darin zu überwintern. Nun hatte Maks auch genügend Zeit, um die Beatmung von Isabella nachzuholen. Die Kunde von der Einstellung der Fahndung war noch nicht bis zu ihnen vorgedrungen.

Das Furchtlose Paddel sah in der Ferne die Silhouette des verirrten Botanikführers. Das bewegte Prinz und Schwester dazu, schnell noch ein paar Meilen weiterzufahren, und somit vorbei an der Höhle von Maks und Isabella.

Nun war es auch für sie an der Zeit, eine Bleibe zu finden. Sie entschlossen sich dazu, eine Unterkunft aus „Freien Stücken“ zu bauen.

Maks und Isabella nahmen sich vor, nächsten Frühling nach ihren Eltern Ausschau zu halten.

 

 

 

 

Das Kinderbuch

 

Band 3

Kapitel 1

Das Erwachen

 

Maks Frisch beatmete Isabella aus dem Keller den ganzen Winter lang mit Frischluft. Jedenfalls wenn er konnte. Isabella nahm nun ziemlich an Körpergewicht zu, speziell in der Bauchgegend. Auch eine vermehrte Beatmung Isabellas konnte dem nicht entgegenwirken.

Und der Frühling zog abermals ins Land. Die Natur erwachte nun allmählich zum Leben, und Isabella hegte den Verdacht, beim Rennbahnexpress eine Seite übersehen zu haben.

Es war nun an der Zeit, sich über die Zukunft Gedanken zu machen. Nächte lang saßen die Beiden in ihrer Wohnhöhle zusammen, um einen gemeinsamen Nenner zu finden. Hilfreich dabei waren zwei Flaschen Schneckenschnaps. Am Ende wusste man genauer Bescheid über die weitere Vorgehensweise.

Das Erwachen der Natur konnte nun wieder ganz neue einkommensquellen bilden. Lungenkraut für den Tee, Bärlauch für den Genuss, Huflattich gegen die Verkühlung, und Maiglöckchen gegen den Gatten.

Aber um die Geschichte von Isabella du Maks Weiterzuerzählen, …

Gemeinsamer Nenner ließ auf sich warten. Doch zwei Wochen nach dem errechneten Termin, war es nun endlich soweit. Gemeinsamer Nenner kam zur Welt. Bei genauer Betrachtung handelte es sich um eine „Gemeinsame Nennerin“. Somit war auch der Name für das Kind bereits gefunden.

Die Wohnhöhle konnte nun nicht mehr alle Bedürfnisse der jungen Familie abdecken. Da Isabella und Maks auch wieder einmal dem Beatmen frönen wollten, brauchten sie unbedingt ein Kinderzimmer.

Sie waren nun schon ziemlich weit den Fluss hinuntergefahren. Das Flussdelta begann sich nun zu verzweigen. Die Strömung wurde weniger, und kam schlussendlich ganz zum Erliegen. Die Mücken wurden mehr. Und der Weg, vielleicht sogar bis ans Meer, wurde immer kürzer.

Gemeinsame Nennerin zeigte erste Anzeichen von Hunger. Nun erinnerte sich Isabella an die Zeit bei ihrem geliebten Vater, bei dem es immer genug zu essen gab. Sie entschlossen sich, eine Brieftaube abzuschicken, um vom geliebten Vater Geld für eine Unterkunft mit Kinderzimmer zu erbitten. Alleine eine Brieftaube war nicht zu finden! So gaben sie den Auftrag an den „Habicht Feldstecher“. Dieser brachte das Bittschreiben in Windeseile zum geliebten Vater, dem Schotterbaron „Albert Mehrstein“.

Entsetzt über die Entgleisung seiner Tochter, griff ihr dieser mit eine Enterbungsklage unter die Arme.

Der Prinz Neopren hatte mit dem Verlust seiner gewohnten Arbeit, auch seinen Lebenswillen verloren. Und Schwester Schwimmwesta war an seiner Seite, als er seine letzte Reise antrat. Vielleicht sogar bis ans Meer!!

 

 

Kapitel 2

Die Erkenntnis

 

Gemeinsame Nennerin wurde nun unruhig. Maks wurde tätig. Er sammelte alle erdenklichen Wurzeln, Beeren und andere Feinheiten, um seine Familie ernähren zu können. Maks erinnerte sich nun an seine Mutter, „Schwester Schwimmwesta“.
Beide wussten noch nicht von der Aufhebung der Fahndung gegen Isabella für einen dreistelligen Betrag, und dem Ableben von „Prinz Neopren“. Vom Ableben einer Legende!

Schwester Schwimmwesta und das Kanu Immertreu waren nun erstmals ganz auf sich alleine gestellt. Ach wenn doch nur zumindest ein verirrter Botanikführer an unserer Seite wäre! Oder jemand der sich auf die Kunst des Paddelns versteht, seufzte sie. Im gleichen Moment nahm das furchtlose Paddel die Umrisse eines gebrauchten Kanus in der Botanik wahr. Erinnerungen an seine eigene Geschichte wurden geweckt. Und, oh Schreck, auch die Erinnerung an das fürchterliche Paddel. wurde wach. Ein leises Wimmern war aus dem gebrauchten Kanu zu vernehmen. Schwester Schwimmwesta nahm die Gemeinsame Nennerin an sich, und erzählte ihr das Märchen vom „Habicht namens Feldstecher“, und wie er zu seinem Namen kam.

Nun kamen auch die beiden Eltern wieder zum Kanu zurück, sie hatten sich kurz Zeit genommen, für eine weitere Beatmung. Maks freute sich, seine Mutter nun wieder zu sehen, und diese fragte Isabella, wann es denn wieder so weit sei.

Von Schwester Schwimmwesta bekamen Maks und Isabella einen kryptischen Hinweis auf den wahren Erzeuger von Maks. Und auch darauf, daß Prinz Neopren jetzt im Paddelhimmel weilt. Isabella ahnte sofort die Chance ihres Lebens. Ein König, ein Schwarzerlenkönig vielleicht sogar, das hieß nichts Anderes als „Blaues Geblüt“. Aber eben nur zur Hälfte. Schwester Schwimmwesta war ja offensichtlich aus bürgerlichen Kreisen. Nicht dass Isabella auf solche Notwendigkeiten Wert legte. Aber irgendwie wollte sie die Gunst ihres geliebten Vaters wieder gewinnen. Der Schotterbaron hatte im Übrigen selbst eine Bürgerliche Herkunft, und wähnte sich nur auf Grund seiner gut gehenden Geschäfte als Erhaben.

Die beiden Kanus wurden nun kurzerhand zusammen gebunden, so daß eine Bootschaft entstand. Der Fluss war schon seit längerem um das Mehrfache angewachsen. Die beiden Paddel arbeiteten auf unterschiedlichen Seiten, um einander nicht sehen zu müssen. Nun konnte auch, wenn das Wetter es gut mit Ihnen meinte, ein Sonnensegel gesetzt werden. Damit fuhren sie mit Solarenergie.

Tante Erika aus Amerika hatte in der Zwischenzeit einige Zimmer mehr in dem Anwesen bezogen, und fand so eine zusätzliche Einnahmequelle.

Das Land wurde immer ebener. Die Stechmücken wurden immer größer. Die Mündung kam immer näher. Und es war nun wieder so weit. Neuerlich kam ein Töchterlein zur Welt. Und da der Mädchenname ja schon vergeben war, nannte man es fortan „Einsame Nennerin“!

Gemeinsame Nennerin und Einsame Nennerin heulten nun um die Wette. Es mussten nun zwei hungrige Mäuler gestopft werden. Und auch zwei hungrige Mägen. Schwester Schwimmwesta erzählte den Kindern das Märchen vom „Habicht namens Feldstecher“, und wie dieser zu seinem Namen kam.

 

Kapitel 3

Die Versorgung

 

Das Wasser des Flusses wurde langsam zu Brackwasser. Dessen Salzgehalt stieg stetig an, und Trinkwasser war immer schwerer zu finden. Nun konnte es sicher nicht mehr weit sein, vielleicht sogar bis ans Meer.

Und tatsächlich, hinter dem nächsten Schilfgürtel, tat sich nun eine Lagune auf.

Endlich am Ziel! Endlich am Ziel angekommen!

Sogar die beiden Töchterleins unterbrachen jetzt ihr Geschrei, und schauten mit großen Augen bis zum Horizont. Es war nun für alle die Zeit gekommen, sich zurückzulehnen und eine Weile an nichts zu denken, was ja gar nicht so leicht war.

Wo der Blick auch hinfiel, es gab Wasser und Schilf. Die beiden Kanus und die beiden Paddel, die mittlerweile zusammengewachsen waren, fuhren nun der Küste entlang, um einen geeigneten Platz zum Anlanden zu finden. Sie hielten nach einer Stelle Ausschau, an der der Sumpf nicht mehr als knöcheltief war. Ein Stück landeinwärts wurde nun das Lager errichtet. Bisher wohnten hier nur die Vögel, die Blutegel und die ganz großen Stechmücken. Die ganz unverschämten.

Es wurde nun der Familienrat einberufen. Um die Versorgung mit Trinkwasser, mit Lebensmittel, und mit Medikamenten zu gewährleisten, wurde beschlossen hier eine Stadt zu gründen. Natürlich brauchte es zu einer Stadtgründung zu Erst einen Namen. Der Name „Lagunenstadt“ wurde Fünfstimmig beschlossen! Nun fehlte es natürlich an vielem. Es fehlte an Handwerkern, es fehlte an Kaufleuten, es fehlte an Baumaterial und natürlich ganz allgemein an Allem. Und es fehlte an Bürgern. Aus diesem Grund zogen sich Maks und Isabella immer öfter zur Beatmung zurück.

Und weil es an Baumaterial fehlte, wurde eine Unterkunft aus Schilf errichtet. An diesem Platz sollte nun auch das Zentrum der Stadt entstehen.

Isabella erinnerte sich nun wieder an ihren geliebten Vater, wegen des Baumaterials. Der Habicht wurde nun mit einem Drehbuch an den Schotterbaron entsandt. Dieser ließ wissen, daß keine Lieferung in die Lagunenstadt stattfinden werde.

Feldstecher flog nun erneut zum Schotterbaron, diesmal mit dem Hinweis auf Maksens königliche Herkunft. Wochen später fuhren zwei Schwesterschiffe, die auch Zwillinginnen hätten sein können, voll beladen mit Baumaterial und arbeitswilligen Einwanderern, im Hafen der zukünftigen Lagunenstadt ein.

Schwester Schwimmwesta wurde nun mit der Koordination der Arbeiten betraut. Maks kümmerte sich um die Planung und die Flächenwidmung, und Isabella sorgte sich ganz klassisch um den Nachwuchs und für den Nachwuchs.

Je nach deren Fähigkeiten stellte Schwester Schwimmwesta, die auch schon in die Jahre gekommen war und schon ein graues Haar hatte, die Arbeitsgruppen zusammen.

Da war zum Beispiel „Ahmed Machnet“, der alles konnte, und mit seinem Trupp für die Errichtung der zukünftigen Hafenanlage zuständig war. Da war der „Träger Näger“, der fortan mit seinem Trupp die Logistik Führte. Da war „Alfredo Edoo“, der schon eine Filiale eröffnen wollte, bevor das Gebäude errichtet war. Und da waren auch noch viele andere mit besonders brauchbaren Fähigkeiten.

 

Kapitel 4

Der Aufbau

 

Zügig ging die Trockenlegung voran. Schon bald konnten die „Freihandmaurer“ mit dem Errichten der ersten Gebäude beginnen. Das erste Geschäft, für Strümpfe und Brustkörbe, wurde von Alfredo Edoo bezogen, und öffnete wenig später seine Pforten.

Isabella sorgte nun schon für drei Töchterleins. Und weil alle anderen Mädchennamen schon vergeben waren, nannten sie es „Gleiche Nennerin“! Isabella war auch die erste Kundin im Geschäft von Alfredo Edoo. Schließlich hielten die Strümpfe für die Töchterleins nicht mehr so lange wie früher. Und auch die Damenstrümpfe waren nicht mehr von dergleichen Qualität. Alfredo wollte die Qualitätskontrolle mit eigenen Augen durchführen, und gleich persönlich Maß nehmen für neue Damenstrümpfe. Sofort machte ein heftiger Tritt von Isabellas Knie, ihn um eine Kategorie kürzer. Das Geschäft für Damenstrümpfe und Brustkörbe blieb die kommenden Tage geschlossen.

Isabella und Maks gründeten als Einnahmequelle eine eigene Apotheke. Jeder der etwas zum Einnehmen brauchte, fand sich früher oder später hier ein.

Nach und nach konnten immer mehr Händler ihre Geschäfte beziehen, und auch Wohnungen für die Bürger der Stadt wurden gebaut. Die Stadt begann zu prosperieren und auch Fremde aus dem Umland ließen sich hier nieder.

Es war nun schon fast alles Notwendige entstanden, nun musste man auch für die arbeitswilligen Fremdarbeiter eine Siedlung am Stadtrand errichten, weil die Schwesterschiffe bereits wieder abgefahren waren. Und zwar noch vor der Errichtung einer Strandpromenade.

Inmitten des Marktplatzes stand immer noch die Unterkunft aus Schilf. Diese wird zu Ehren der Stadtgründer weitergepflegt, und diente zuweilen auch als Rätehaus. Isabella und ihre Familie waren freilich schon in eine neue Wohnung mit Fließend Wasser gezogen. Auch Schwester Schwimmwesta wohnte bei Isabella und Maks. Sie hatte dort ein eigenes Zimmer, das sie aber immer seltener verließ. Nachdem auch ihre Kräfte nun zur Neige gegangen waren, und Schwester Schwimmwesta ihren Prinz Neopren im Paddelhimmel besuchte, bekam auch das Töchterlein Gleicher Nenner ein eigenes Kinderzimmer.

 

 

 

Die Politik

 

Band 4

Kapitel 1

Die Auswahl

 

Es waren schon einige Bevölkerungsgruppen in der Lagunenstadt. Ohne die Mithilfe jedes Einzelnen hätte dieses Projekt niemals entstehen können. Und auch nicht ohne die Lieferungen des geliebten Vaters, dem Schotterbaron.

Alleine die Strandpromenade und der Hafen hatten noch keine erkennbaren Strukturen vorzuweisen. Zuständig dafür war Ahmed Machnet. Ohne Hafenanlage würde die Lagunenstadt bald in die Bedeutungslosigkeit abgleiten.

Ahmed Machnet wurde nun vom Stadthalterpaar Isabella und Maks in die Schilfhütte zitiert. Er musste Rede und Antwort über den Fortgang der Planungen stehen. Es stellte sich heraus, daß seine Truppe bereits wieder die Stadt verlassen hatte, weil es hier keine Arbeit gab. Und nun musste auch Ahmed Machnet die Stadt schleunigst verlassen.

Als neuer Hafenbeauftragter wurde Radek Szradek eingestellt. Dieser hatte in seiner Heimat bereits an der Rekonstruktion des großen Hafens mitgewirkt. Dafür bekam er auch den „Kowalski Preis für wagemutige Montage“. Es wurde eine neue Arbeitsgruppe zusammengestellt. Absolute Priorität hatte der Bau der Hafenanlagen, noch vor der Strandpromenade.

Nach einigen Wochen waren Pan Radek und seine Arbeitsgruppe bereits so weit, daß zumindest Rettungsboote und die Grundversorgung in der Lagunenstadt anlegen konnten. Dadurch heimste er mit seiner Mannschaft auch den neugegründeten Preis für die Verdienste um die Lagunenstadt ein. Dieser Preis war mit zweihundert Promille dotiert. In den nächsten drei Arbeitstagen fand keinerlei Arbeit am Bau des Hafens statt.

Isabella hatte unterdessen die Idee, eine Reise in die Vergangenheit anzutreten. Sie wollte ihrem geliebten Vater, die Töchterleins vorstellen. Der Habicht wurde erneut mit einem Drehbuch zu dem Anwesen geschickt. Bald darauf kam ein Beiboot eines der Schwesterschiffe, und brachte die ganze Familie zurück in ihre alte Heimat. Pan Radek führte unterdessen die Geschäfte für die Stadthalterfamilie. Die Hafenanlage sollte in dieser Zeit zu ihrer endgültigen Größe gelangen.

Albert Mehrstein empfing nun seine Tochter und die Töchterleins. Maks musste noch draußen warten, bis der Blaublut-Gentest ausgewertet war. Schließlich durfte auch er das Anwesen betreten. Tante Erika aus Amerika stand nun Isabella gegenüber. Sie hatte ähnlich attraktive Gesichtszüge wie Isabella. Maks stellte sie zur Rede, und kurz darauf gehörte Tante Erika zur Familie.

Tante Erika hegte den Wunsch, bis zur Lagunenstadt mitzufahren. Die Lebensabende fühlten sich dort sicher besser an als hier auf dem Anwesen. Auch für diesen Fall, hatte Albert Mehrstein schon einen Plan. ….. Tante Antik, immer grantig ….. !

 

 

Kapitel 2

Der Aufstieg

 

Die Einnahmequelle hatte sich mittlerweile zu einer Naturapotheke entwickelt. Huflattich gegen die Verkühlung, Maiglöckchen gegen den Gatten ….. !

Auch verschiedene andere Gewerke hatten sich bereits in der Lagunenstadt angesiedelt. Da war der „Fleischer Brösel“ und der “Bäcker Zehndeka“. Da waren die „Kaufleut Kaufgscheit“ und der „Tischler Kistler“. Am halben Weg zwischen Hafen und Rätehaus entstand die Kneipe „Zum Schwarzen Träger“, und der Wirt war ein gewisser Mister Brown.

Für eine eigene Stadtpolizei gab es noch keine Notwendigkeit, da es noch zu wenig reiche Leute gab, die vor den armen Leuten beschützt werden hätten müssen.

Isabella und Maks erhoben nun Pan Radek Szradek zum Stadthalter, um sich selbst besser um ihre Einnahmequelle kümmern zu können. Besonders die Maiglöckchen-Behandlung entwickelte sich zum Kassenschlager. Deren Anwendung war allerdings in der Stadt nicht erlaubt, sondern nur in entfernten Gebieten, in denen es noch Paartherabeuten gab. Also bekam die Apotheke weit über die Stadtgrenze hinaus einen sehr guten Ruf.

Eines Tages klopfte ein älterer, völlig übermüdeter Herr an das Tor des Rätehauses. Er stellte sich vor als Herr Packsack. Ehemals Primar. Auch er hatte schon ein graues Haar bekommen. Und wegen seines fortgeschrittenen Alters, fiel er aus dem Beuteschema der Sozialversicherung heraus. Zeitlebens hatte er es nicht für nötig gehalten, eine Zusatzversicherung abzuschließen.

Es war unumgänglich geworden, genau für solche Fälle in der Stadt ein Armenhaus zu Errichten. Es bekam den klingenden Namen „Das Heim zum fidelen Lebensabend“.

Pan Radek trieb nun den Bau der Strandpromenade voran. Diese bekam Ein Geländer, so, daß sie aussah wie eine Gehschule für Ältere.

Und genau dort trafen sich Tante Erika aus Amerika und Herr Packsack das Erste Mal. Und da sie ja die gleichen Interessen hatten, nämlich hier zu sterben, nahmen sie sich gemeinsam ein Zimmer im Heim zum fidelen Lebensabend. Auch dieses Heim wurde über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt.

Es gab in der Lagunenstadt ausschließlich Seebestattungen. Das machte es notwendig, ein Schiff anzuschaffen, das sogar bis ins offene Meer fahren konnte. Ein Schiff braucht einen Kapitän und einen passenden Namen. Für beides gab es in der Stadt eine Ausschreibung.

Die Töchterleins wuchsen indes zu hübschen jungen Damen heran und erweckten die Aufmerksamkeit der jungen Männer. Und den Neid der anderen jungen Damen.

Die rege Teilnahme an der Ausschreibung ließ auf großes Interesse der Bevölkerung schließen. Es kamen Namensvorschläge wie zum Beispiel: „Der rote Baron“, oder „Tante Titanic“, oder „Bruderschiff“, oder „Nautilus“, oder „Space Shuttle“. Der Name Spaceshuttle wurde von Pan Radek, dem Stadthalter, einstimmig ausgewählt. Die Idee dazu kam vom Bäcker Zehndeka, der dafür auch den mit 150 Promille dotierten Preis der Lagunenstadt bekam.

Die kommenden drei Tage mussten die Einwohner der Stadt Hungern, weil es keine Brötchen gab. Der Fleischer Brösel machte in dieser Zeit das Geschäft seines Lebens, weil er die Wurstsemmeln ohne Semmeln verkaufen konnte. Zum gleichen Preis, versteht sich. Das brachte den Bäcker und den Fleischer auf die Idee, sich zusammenzutun, um sich gegenseitig zu Befruchten. Einmal gab es Wurstsemmeln ohne Wurst, und dann wieder Wurstsemmeln ohne Semmeln. Und dann mal wieder Beides.

Der verirrte Botanikführer, der inzwischen den Weg bis ans Meer selbst gefunden hatte, bewarb sich als Kapitän, und heuerte schließlich als Bestatter am Spaceshuttle an. Die Stelle als Kapitän bekam ein „Befahrener Perser“.

 

 

Kapitel 3

Das Erbe

 

Eines Tages trat eine schon etwas ältere, aber sehr rüstige Dame in den Verkaufsraum der Einnahmequelle. Es war Tante Antik immer grantig. Sie erkundigte sich nach der berühmt berüchtigten Maiglöckchen Behandlung. Schließlich erstand sie eine Menge, von Der die ganze Verwandtschaft hätte satt werden können.

Der Schotterbaron Albert Mehrstein hatte immer noch kein einziges graues Haar bekommen. Das machte Tante Antik ganz grantig. Sie hatte deswegen beschlossen, dem Alterungsprozess etwas nachzuhelfen. Und wer lässt sich schon nicht gerne von Tante Antik helfen?

Und wirklich! Die Behandlung wirkte sofort, und der Schotterbaron bekam das graue Haar.

Da aber die Tante Antik bei der Testamentseröffnung die von ihr gefälschte Variante nicht mehr finden konnte, und weit und breit kein anderes Testament zu kriegen war, fiel das Erbe auf Isabella aus dem Keller zurück. Alle Schottergruben und das gesamte Anwesen lagen nun in ihrem Besitz. Tante Antik war somit gezwungen, sich ein Zimmer im Heim zum fidelen Lebensabend zu nehmen. Dort konnte man in ihrem Geschäftsbereich aber auch viel besser agieren.

Der Tischler Kistler hatte sich in der Zwischenzeit ein zweites Standbein geschaffen. Er stellte einen Schneider an, den „Schneider Machsweida“, und konnte somit auch den Bedarf an „Letzten Kleidungsstücken“ abdecken. Alle seine Schnittmuster ähnelten einander. Die einzige Unterscheidung lag in der Art des Stoffes, und in der Größe der Säcke. Der Befahrene Perser war zum Glück draufgekommen, daß Holzkisten am Wasser obenauf schwimmen, und die Fische im Übrigen keinen Zugang zum Inhalt hatten.

 

 

Kapitel 4

Die Hochzeiten

 

Für die Drei Töchterleins kam allmählich die Zeit, um auf Bräutigamschau zu gehen. Gleiche Nennerin, die Letztgeborene ging dazu in die Kneipe zum „Schwarzen Träger“. Dort fiel ihr sofort Mister Brown ins Auge. An ihm war wirklich alles dran, was ein Mann so brauchte. Bis hin zu einer gutgehenden Kneipe.

 

Gemeinsame Nennerin, die Erstgeborene, ging auf Bräutigamschau zur Strandpromenade. Dort fiel ihr sofort der Befahrene Perser ins Auge. An Ihm war wirklich alles dran, was ein Mann so brauchte. Bis hin zu einem eigenen Bestattungsunternehmen. Der Befahrene Perser hatte den Spaceshuttle mittlerweile von der Gemeinde gekauft, und der verirrte Botanikführer war in dessen Dienste getreten.

Nun war nur noch die Einsame Nennerin, die Zwischengeborene zu Vergeben. Maks hätte es begrüßt, wenn seine Tochter am Schneider Machsweida Gefallen gefunden hätte. An Ihm war ja wirklich alles dran, was ein Mann so brauchte. Alles, außer eine gutgehende Firma.

Isabella und Maks schmiedeten nun einen Plan für Einsame Nennerin, und bewegten den Schneider Machsweida dazu, sich von Maks und Isabella heimlich adoptieren zu lassen. Somit wurde es möglich, dem Schneider die Schottergruben und das Anwesen zu überlassen. Nun war an ihm also wirklich alles dran, was ein Mann so brauchte, und er fiel Einsamer Nennerin jetzt gleich ins Auge.

Die Hochzeiten konnten stattfinden.

Es lag auf der Hand, alle drei Hochzeiten gemeinsam zu Feiern. Das Aufgebot wurde bestellt. Der Stadtsaal wurde geschmückt. Gäste wurden geladen.

Das Gebrauchte Kanu und das Kanu Immertreu verdingten sich mit dem furchtlosen und dem fürchterlichen Paddel in der Lagune vor der Stadt, und brachten zahlreiche zahlende Gäste dem Gebiet der Stechmücken näher. Den ganz Unverschämten. Auf diese Weise wurden die Leute glücklicher, weil sie dadurch wieder wussten, wie gut sie es zu Hause hatten.

Für Pan Radek, der als Stadthalter auch den Dienst als Standesbeamter versah, war es die Erste Massenhochzeit.

Als Erste traten Gemeinsame Nennerin und Mr. Brown vor den Standesbeamten. Als sie wieder abtraten, waren sie Misses und Mister Brown. Als Zweite traten Einsame Nennerin und der Schneider Machsweida vor den Standesbeamten Radek. Als diese wieder Abtraten, waren sie Herr und Frau Machsweida. Als Dritte drängten sich nun Maks Frisch und Isabella aus dem Keller noch rasch vor, und als sie wieder abtraten, waren sie Maks und Isabella Frisch. Endlich war Isabellas traumatisierender Name weg. Als Vierte traten Gleiche Nennerin und der Befahrene Perser vor den Standesbeamten. Als sie wieder abtraten, waren sie Herr und Frau Frisch.

 

 

Kanupeter

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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